Sommerakademie zum Thema Nachhaltigkeit

HÖB HÖB Hurra – Sommerferien mal anders 

Zugegebenermaßen wurde mir zunächst etwas mulmig bei dem Gedanken, zwei Wochen meiner Sommerferien mit wissenschaftlichen Arbeiten zu verbringen, obwohl die Zeit eigentlich der Erholung dient. Doch meine Entscheidung sollte ich nie bereuen! Die Rede ist von meiner Teilnahme bei der JGW-Nachhaltigkeitsakademie (NAka) in der Historisch-Ökologischen Bildungsstätte (HÖB) Papenburg vom 20. Juli bis zum 3. August. 

Der typische Tagesablauf bei der NAka war in Kursarbeit, kursübergreifende Aktivitäten (KüAs) und Essen gegliedert. Darüber hinaus wurde das Angebot aber auch durch eine Exkursion sowie ein Projektwochenende ergänzt. Ich hatte mich in den Kurs „Wie erreichen wir Klimagerechtigkeit?“ eingewählt, der juristisch und ökonomisch-nachhaltigkeitswissenschaftlich diese Frage erörtern sollte, mit besonderer Berücksichtigung der Postwachstumsdebatte. 

Besonders interessant war es hierbei, das homozentrische Weltbild in unserer Verfassung in der Hinsicht zu hinterfragen, wie es bspw. mittels des ökozentrischen Buen Vivir-Konzeptes in der bolivischen Verfassung praktiziert wird. So kann Mutter Erde als Rechtsperson angeklagt werden, folglich können diese Rechte, wenn es zum Beispiel um Schäden von Wäldern und Gewässern durch die Auswirkungen des anthropogenen Klimawandels geht, eingeklagt werden, um klimaschädliches Verhalten von Unternehmen und Regierungen einzuschränken, bzw. zu bestrafen. 

Darüber hinaus hinterfragten wir im Zuge einer Postwachstums-Debatte das gesellschaftliche Paradigma der Wachstumsgesellschaft, wie es in der westlichen Welt allgemein und in Deutschland seit dem Wirtschaftswunder auch gesetzlich niedergeschrieben herrscht. Hinter diesem Konzept verbirgt sich die Annahme, man könne allein dadurch, dass die Effizienz von Technik gesteigert werde, das Wachstum der CO2-Emissionen von jenem der Wirtschaft entkoppeln und dadurch langfristig treibhausgasneutral leben. Was die Degrowth-Debatte angeht, werde ich die sehr philosophischen Fragestellungen in Erinnerung behalten: Wir beschäftigten uns damit, was die Rolle von Arbeit in unserem Leben ist sowie mit der grundsätzlichen Frage, was man überhaupt für ein gelungenes Leben braucht. Dazu hinterfragten wir vor allem das Paradigma der Konsumgesellschaft als Treiber des Wirtschaftswachstums und schauten uns dabei alternative Lebensstile an. Dies führte uns zu alternativen Wohlstandsindikatoren fernab des Bruttoinlandsprodukts, mittels derer z. B. die subjektive Zufriedenheit, der ökologische Fußabdruck und die gesundheitliche Infrastruktur eines Staates im Schwerpunkt stehen. Bereichernd ist dabei die Feststellung, dass die Rangliste der Staaten plötzlich von ganz anderen Staaten angeführt wird, als dies bei konventionellen Indikatoren wie dem BIP der Fall ist. Wie dem auch sei, es wurde mir auf jeden Fall bewusst, dass es einen großen Bedarf an öffentlichen Debatten darüber gibt, wie wir die Klimapolitik der Zukunft gestalten möchen 

Abseits der Kursarbeit gab es, wie bereits angedeutet, noch weiteres Programm: Während der KüAs konnte man sehr gut Leute aus anderen Kursen kennenlernen. Auch hierbei war das Angebot vielfältig. Nachmittags und abends versammelte man sich zu sportlichen, künstlerischen und weiteren Aktivitäten. Ich werde für immer die durchweg bestehende tolle Atmosphäre im Kopf behalten. Die allgemeine Motivation unter den Leuten war enorm, so dass ich nie während der zwei Wochen Langeweile empfand. Selbst beim Essen konnte häufig die Diskussionslaune nicht eingeschränkt werden und so dominierte auch zu Tisch ein interessanter Diskurs über das politische Tagesgeschehen, Philosophie und Nachhaltigkeit. Meine musikalische Ader konnte ich durch ein spontan gegründetes Bandprojekt ausleben, das mit einem Auftritt am Abschlussabend seinen Abschluss fand.  

Darüber hinaus sorgte das Projektwochenende dafür, dass man nebst der ganzen Theorie während der Kurse auch praktisch Nachhaltigkeit ausleben konnte. Auch hier bestand ein reichhaltiges Angebot: Urban gardening, Theater, Repaircafé, Kreation eines Spiels u.v.m. Ich selbst engagierte mich im Repaircafé, worin wir kaputte Kleidung reparierten, Upcycling betrieben und sogar eine Kleidertauschparty veranstalten, die sehr großen Anklang unter allen Teilnehmern fand. 

Ich habe aus den zwei Wochen sehr viel auch auf persönlicher Ebene mitgenommen, vor allem was die Auseinandersetzung mit politischen Kontroversen und allgemein meine Motivation für nachhaltigkeitspolitisches Engagement angeht und darüber hinaus einfach eine unvergessliche Zeit genossen, während derer ich viele neue Freundschaften über ganz Deutschland geknüpft habe. Noch während der NAka begannen wir, unser erstes Nachtreffen zu organisieren. Ich möchte jeden Schüler, der mit dem Gedanken spielt, selbst an einer Schülerakademie teilzunehmen, dazu ermutigen, sich zu bewerben, denn die einmalige Atmosphäre muss man einfach erlebt haben und ist kaum mit Worten zu beschreiben! 

 

Paul Altmann